Menschen und Maschinen
Kein lauschiger Odem des Seelenfriedens umweht Baustellen. Sondern Dreck, Lärm, Gestank. Barrieren versperren den Blick, behindern die Bewegungsfreiheit. Baustellen beleidigen die Sinne. Sie sind temporäre Zeugnisse baulicher Spannung, kreativer Aktivität. Was vorher lange Zeit unverändert war, wird nachher wieder lang-weilig bestehen.
«Kluge Köpfe hecken Bauprojekte aus, die Fachleute umsetzen. Es beginnt mit dem Umzäunen des Areals, dem Aushub. Mit dem Fundament folgt der Aufbau und Innenausbau. Schliesslich endet es mit der Gerüstdemontage und dem Dekorieren, den Farbanstrichen und Bepflanzungen. Während dieser Zeit lebt das Projekt im Areal. Kein Stein bleibt auf dem anderen. Menschen und Maschinen bewegen sich, bewegen Dinge.»
Poesie der Baustellen
Frei nach Émile Zola (1840–1902), der lobend vom Beginn einer neuen Malerei der «Poesie der Bahnhöfe» sprach, nennt Johanna Wirth Calvo (Kunsthistorikerin, lic.phil., Dozentin) Fierz' Werk dieser Sparte «Poesie der Baustellen» (aus dem Buch: «Heiner Fierz – Urban Painting»).
Manch eine Maschine wie zum Beispiel die Brückenbaumaschine des Grossbauprojekts der Durchmesserlinie der SBB wurde zum bloss zweimaligen Gebrauch eigens für diese Baustellen entwickelt, «Marke Eigenbau» sozusagen.
Malprojekt Brückenmaschine
Vor dem Hauptbahnhof Zürich standen jahrelang Pfeiler ohne was drauf. Eine Kunstinstallation?
Keineswegs, denn da gabs das grosse gelbe Etwas, das der Duttweilerbrücke entgegenzuwachsen schien. Wie ein riesiges Insekt tastete sich das sogenannte Vorschubgerüst mit seinen Fühlern gemächlich weiter, Pfeiler um Pfeiler. Es hinterliess Spuren in Form eines Gleisbetts, das auf den Pfeilern ruht. So wuchs die Letzigrabenbrücke der SBB als Teil der Durchmesserlinie vor sich hin. Insgesamt entstanden drei grossformatige Gemälde.
Metapher des Fortschritts ...
Die Baustelle ist ein Sinnbild für unsere immer stärker urbanisierte Welt. Sie ist der Ort der Veränderung schlechthin und Symbol der menschlichen Erfindungskraft. Grossbaustellen sind Indikatoren für die Dynamik der Städte. Nur Romantiker sehen sie als Bedrohung. Die Baustelle ist in ihrer Ambivalenz eine magische Metapher des Fortschritts und gleichzeitig der Zerstörung. Sie steht mit Fierz’ Bildern für die unbeschwert fröhliche Seite der Medaille des Baubooms unserer Zeit.